Autor: Siegfried Walz
Jahrestagung der "Deutschen Christen". Stichworte der Tagung:
Gleichschaltung, Führerprinzip, Reichskirche, Artgemäßheit.
Bonhoeffer in einem veröffentlichten Aufsatz: "Es geht ... keinesfalls um die Frage,
ob unsere deutschstämmigen Gemeindeglieder heute die kirchliche Gemeinschaft mit
den Juden noch tragen können. Vielmehr ist es Aufgabe christlicher Verkündigung, zu sagen:
hier, wo Jude und Deutscher zusammen unter dem Wort Gottes stehen, ist Kirche, hier bewährt es sich,
ob Kirche noch Kirche ist oder nicht".
Friedrich Bodelschwingh wird mit knapper Mehrheit zum Reichsbischof gewählt.Bodelschwingh ist in der Folgezeit
der Hetze und der Behinderung durch die Deutschen Christen ausgesetzt.
In der Folge kam es zu einem schweren Kirchenstreit, der nach Amtniederlegung des Präsidenten
des Evangelischen Kirchenbundes (Reich) und Einsetzung eines Staatskommisars eskalierte.
Bodelschwingh legte am 24. Juni sein Amt als Reichsbischof nieder und protestierte bei Hindenburg gegen
die Einsetzung eines Staatskommisars.
Auf Druck von Hindenburg wurde die Ausarbeitung einer neuen Kirchenverfassung zum 14. Juli 1933 fertiggestellt.
Hitler verkündete das neue Verfassungswerk.
Kirchenwahlen. Am 14. Juli, dem Tag der Verkündigung der neuen Kirchenverfassung, schrieb Hitler überraschend Kirchenwahlen aus. Die Vorbereitungszeit von einer Woche war eindeutig eine Bevorteilung der Deutschen Christen. In Zusammenhang mit weiteren Wahlmanipulationen erreichten sie 70% Stimmenanteil und besetzten damit alle Schlüsselpositionen der Kirche.
Sitzung der altpreußischen Generalsynode. Übernahme des Arierparagraphen auf Ämter der Kirche.
Bonhoeffer schickt ein Protestschreiben an Bodelschwingh, der wiederum bei Reichsbischof Müller interveniert:
"1. Nach dem Bekenntnis unserer Kirche ist das kirchliche Lehramt lediglich an die ordnungsmäßige Berufung gebunden. Durch den 'Arierparagraphen' des neuen kirchlichen Beamtengesetzes wird ein Recht geschaffen, das zu diesem grundlegenden Bekenntnis in Widerspruch steht. Damit wird ein Zustand, der nach dem Bekenntnis als Unrecht gelten muss, als kirchliches Recht proklamiert und das Bekenntnis verletzt.
2. ...
3. Wer einem solchen Bruch des Bekenntnisses seine Zustimmung gibt, schließt sich damit selbst aus der Gemeinschaft der Kirche aus. Wir fordern deshalb, dass dies Gesetz, das die evangelische Kirche der altpreußischen Union von der christlichen Kirche trennt, unverzüglich aufgehoben wird.".
Gründung des Pfarrernotbundes. Pfarrer Niemöller rief die deutschen Pfarrer zum Protest und zur Verpflichtung auf:
1. zur neuen Bindung an Schrift und Bekenntnis
2. zum Widerstand gegen ihre Verletzung
3. zum finanziellen Hilfsversprechen für durch Gesetz und Gewalt Betroffene
4. zur Ablehnung des Arierparagraphen
Bis zum Jahresende traten etwa 6000 Pfarrer dem Pfarrernotbund bei. Er hatte ab Mitte Oktober 1933 eine feste organisatorische Form.
Großkundgebung der "Deutschen Christen" im Berliner Sportpalast. Der Hauptredner, Gauobmann Krause fordert "...,dass eine deutsche Volkskirche ernst macht mit der Verkündigung der von aller orientalischen Einstellung gereinigten schlichten Frohbotschaft. und einer heldischen Jesus-Gestalt als Grundlage eines argemäßen Christentums ...". Die Deutschen Christen wollten eine "... Befreiung vom Alten Testament mit seiner jüdischen Lohnmoral, von diesen Viehhändler und Zuhältergeschichten".
Es hagelte Proteste und es kam zu Kirchenaustritten vieler aktiver Kirchenmitglieder.
"Maulkorberlass". Die Diskussion über die Maßnahmen der Kirchenregierung in kirchlichen
Räumen und Zeitschriften ist untersagt:
"Der Gottesdienstdient dient ausschließlich der Verkündigung des lauteren Evangeliums.
Der Missbrauch des Gottesdienstes zum Zwecke der kirchenpolitischen Auseinandersetzung, gleichwie und welcher Art, hat zu unterbleiben.
Freigabe sowie Benutzung der Gotteshäuser und sonstigen kirchlichen Räumen zu kirchenpolitischen Kundgebungen jeder Art wird untersagt.
Kirchliche Amtsträger, die das Kirchenregiment oder dessen Maßnahmen öffentlich oder durch
Verbreitung von Schriften, insbesondere durch Flugblätter oder Rundschreiben, angreifen, machen sich der Verletzung
der ihnen obliegenden Amtspflicht schuldig."
Die Pfarrer des Pfarrernotbundes, inzwischen "Bekenntnispfarrer" genannt, erklären in einer Kanzelerklärung dem Reichsbischof Müller den grundsätzlichen Ungehorsam und fordern eine Wiederherstellung der Deutschen Evangelischen Kirche auf Grund von Schrift und Bekenntnis. Disziplinarverfahren, Zurruhesetzungen und Absetzungen waren die Folge. Eine erste freie reformierte Synode wurde für den 27. 1. geplant, konnte wegen der sich überstürzenden Ereignisse aber nicht stattfinden.
"Was wir Deutschen Christen wollen:
1. In Hitler ist die Zeit erfüllt für das deutche Volk. Denn durch Hitler ist Christus,
Gott der Helfer und Erlöser, unter uns mächtig geworden ...
2. Hitler ist jetzt der Weg des Geistes und Willens Gottes zur Christuskirche deutscher Nation.
Mit lutherischem Glaubensmut wagen wir Deutschen Christen darum mit bewährten alten Steinen
(Bekenntnis und Bibel) und neuen Steinen (Rasse und Volkstum) im Glauben diese Kirche zu bauen ..."
Auszug aus einem Diktat an einer Münchner Schule:
Jesus und Hitler. Wie Jesus die Menschen von der Sünde und Hölle befreite, so rettete Hitler
das deutsche Volk vor dem Verderben. Jesus und Hitler wurden verfolgt, aber während Jesus gekreuzigt wurde,
wurde Hitler zum Kanzler erhoben. Während die Jünger Jesu ihren Meister
verleugneten und im Stich ließen, fielen die 16 Kameraden für ihren Führer. Die Apostel
vollendeten das Werk ihres Herrn. Wir hoffen, dass Hitler sein Werk zu Ende führen darf.
Jesus baute für den Himmel. Hitler baut für Deutschland.
(Joh. Neuhäusler, Kreuz und Hakenkreuz, München 1946)
Bekenntnissynode in Barmen. Barmer theologische Erklärung
Dietrich Bonhoeffer erlebt die erste Emigrationswelle aus Deutschland. Er versucht Emigranten unterzubringen,
besorgt Stipendien und bittet um Visen. Gleichzeitig drängt er die ausländischen evangelischen Kirchen
in der Ökumene, die Bekennende Kirche als die einzig rechtmäßige Kirche anzuerkennen und den
Deutschchristen die Anerkennung zu versagen. Dietrich Bonhoeffer, der durch familiäre Kontakte gut informiert ist,
macht die Erfahrung, dass man ihm nicht recht glaubt. Wer hält es schon für möglich,
dass sich in einem zivilisierten Land die Barbarei breit macht?
Im Oktober beschließen die Mitglieder der Bekenntniskirche, von der Reichskirchenregierung keine Weisungen
mehr entgegenzunehmen.
Als die Predigerseminare der Landeskirchen zugunsten einer Ausbildungsstätte der Reichskirche aufgelöst wurden,
einigt sich die Bekenntniskirche auf das riskante Unternehmen der Gründung eines eigenen Predigerseminars.
Bonhoeffer, der radikale Theologe, der aus England mitmischt, soll es leiten.