Autorin: Barbara Walz
Reise in die USA zur Übernahme einer Gastdozentur am Union Theological College.
Bereits 3 Wochen später Rückkehr nach Deutschland.
Dietrich hält es nicht aus, sicher in Amerika zu sein und denen nicht mehr zur Seite zu stehen,
die er ständig zum Widerstand ermutigte. Das erscheint ihm wie Verrat. Nach drei Wochen hartem
Ringen mit sich selbst kommt er zurück nach Deutschland.
... wird Dietrich auf Betreiben seines Schwagers H.v. Dohnanyi als Kurier für die Abwehr tätig.
Er soll seine ökumenischen Verbindungen dazu nutzen, dem westlichen Ausland geheime Informationen über Pläne und Ziele der deutschen Widerstandsbewegung zuzuspielen. Das ist Hoch- und Landesverrat. Doch nach außen sieht es aus wie Kollaboration.
Dohnanyi, im Justizministerium an hoher Stelle schon vor den Nazis beschäftigt, führt schon seit 1933 eine geheime Kartei über die Verbrechen der Nazis. Damit will er die dt. Militärs zu gegebener Zeit für einen Putsch gegen das NS - Regime gewinnen. Danach soll der NS - Führungsriege öffentlich der Prozess gemacht werden, damit dem Volk der wahre Charakter des Nationalsozialismus deutlich wird. Dohnanyi ist "der Urheber und das geistige Haupt der Bewegung zur Beseitigung des Führers" urteilt später die Gestapo.
Dem geradlinigen und aufrichtigen Dietrich fällt diese Doppelrolle nicht leicht. Der Bekenner wird zum Verschwörer, statt eines Heiligenscheines bekommt er schmutzige Hände. Ihm ist klar geworden, dass sein eigener Rigorismus jetzt nicht mehr greift, zu sehr geht es dabei um die eigene Vollkommenheit.
Nachfolge Jesu, so stellt er fest, kann auch heißen, aus Nächstenliebe schuldig werden. Jetzt steht die Entscheidung darüber an, welche Schuld größer ist: die der Duldung oder die der Beseitigung der Hitlerdiktatur.Dietrich geht so weit, sich selbst für ein Attentat auf Hitler bereit zu erklären. Allerdings würde er dann vorher aus der Kirche austreten. Er lässt keinen Zweifel daran, dass jede Anwendung von Gewalt Schuld ist und bleibt. Aber er besteht darauf, dass es Situationen geben kann, in denen ein Christ aus Liebe zum Nächsten schuldig werden muss.
In den Pausen zwischen den Kurieraufträgen arbeitet er an einem Entwurf für eine christliche Ethik, die in Fragmenten erhalten ist.
Ab 1938 gibt es immer neue Umsturzpläne. Überall ist Dohnanyi und sind später auch Klaus und Dietrich Bonhoeffer mit dabei. Dietrichs Familie wird allmählich zu einem der vielen Zentren des Widerstandes. Auch Rüdiger Schleicher, der Mann seiner Schwester Ursula gehört inzwischen dazu.
Ende 1942 schreibt Dietrich eine Art Rechenschaftsbericht für sich und seine Mitverschwörer in der Abwehr: "Wir sind stumme Zeugen böser Taten gewesen, wir sind mit vielen Wassern gewaschen, wie haben die Künste der Verstellung und der mehrdeutigen Rede gelernt, wir sind durch Erfahrung misstrauisch gegen die Menschen geworden und mussten ihnen die Wahrheit und das freie Wort oft schuldig bleiben, wir sind durch unerträgliche Konflikte mürbe oder vielleicht sogar zynisch geworden - sind wir noch brauchbar?"
Kaum einer hat die Frage der Schuldübernahme im politischen Grenzfall so konsequent gestellt und reflektiert wie Bonhoeffer. Er tut es stellvertretend für viele Christen im Widerstand, die von ihrer Kirche allein gelassen worden sind. Aber er wird auch der einzige deutsche protestantische Theologe sein, der später in der Ökumene, in den Befreiungskirchen und -bewegungen Südafrikas und Südamerikas eine
Rolle spielen wird.
Im Jahr 1942 beginnt die Beziehung zu Maria von Wedemeyer.
Ihre Mutter ist nicht begeistert von dieser Beziehung ihrer Tochter zu einem doppelt so alten Mann,
der zu dieser Zeit alles andere als eine gute Partie ist. Sie dringt auf ein Jahr Trennung.
Das halten beide nicht aus. Sie schreiben sich Briefe und verloben sich - schriftlich.
Im Frühjahr 1943 versucht Maria ihre Mutter umzustimmen und mit Hilfe ihres Bruders ein
Wiedersehen mit Dietrich zu erreichen. Jedoch zu spät.